Im Vorfeld des Opernballs 2017 durfte EVENTFEX mit dem Sicherheitschef Markus Pruckner ein Interview über den berühmtesten Ball Österreichs führen. Im ersten Teil beleuchten wir die Herausforderungen bei Logistik und Umbau.
EVENTFEX: Am 23. Februar findet der diesjährige Opernball statt. In der Oper herrscht in den Tagen davor wahrscheinlich reges Treiben, ab wann ist der Ball der Bälle aber im Haus schon spürbar?
Markus Pruckner: Bereits drei bis vier Wochen vor der Veranstaltung merkt man, dass der Ball naht, die Arbeiten beginnen. Es wird ausgemalt, die Anlieferung beginnt, die Überprüfung der Elektroanlage wird durchgeführt und die Disco im Keller wird bereits eingerichtet. Der Opernball ist für viele im Haus das Highlight des Jahres, alle helfen mit.
Man würde ja erwarten es dauert Tage bis die Oper in den prunkvollsten Ballsaal der Welt umgebaut ist. Wie ist denn der zeitliche Ablauf des Umbaus in der Woche vor dem Ball?
Pruckner: Der Umbau dauert nur 30 Stunden, wir beginnen am Dienstag um 5 Uhr und am Mittwochabend muss alles fertig sein. Durch den Repertoire-Spielbetrieb (Anmerkung: Inszenierung wechselt jeden Tag) sind wir es allerdings gewohnt oft umzubauen, 7 Tage die Woche, 300 Tage im Jahr.
Montagabend findet noch eine normale Vorstellung statt, direkt danach wird nur das Textsystem im Zuschauerraum abgebaut. Am Dienstag werden als erster Schritt Beleuchtung und Dekoration am Schnürboden montiert, weil dieser später wegen den Aufbauten nicht mehr heruntergelassen werden kann. Ab ca. 10 Uhr kann der Aufbau der 30 Logentürme auf der Bühne beginnen. Parallel zu den Arbeiten auf der Bühne werden im Zuschauerraum die Sessel abmontiert und eingelagert. Auf einer speziellen Unterkonstruktion von Waagner-Biro wird der Parkettboden aufgelegt, der dann über die ganze Fläche des Ballsaales eine Ebene mit der Bühne bildet. Dienstagnachmittag ist der Boden im Zuschauerraum bereits fertig.
Der Aufbau der Logen auf der Bühne dauert etwas länger, meistens sind wir damit aber am Dienstagabend zwischen 21 und 23 Uhr fertig. Danach heißt es wie jede Nacht „Strom aus“ (Anmerkung: aus Sicherheitsgründen wird in der Oper in der Nacht der Strom abgestellt), bis auf die Betriebsfeuerwehr gehen alle nach Hause.
Trotz dem knappen Zeitfenster ist also dennoch keine Nachtschicht nötig. Wie geht denn der Aufbau am zweiten Tag weiter?
Pruckner: Am Mittwoch beginnen um 5 Uhr die Arbeiten wieder. Wenn die Logen auf der Bühne am Dienstag nicht fertiggestellt wurden, wird das natürlich als erstes fertiggestellt. Sonst sind viele kleine und auch einige große Handgriffe zu tun bis am Mittwochabend um 19 Uhr die Generalprobe stattfindet, bei der auch alle rund 300 Debütantinnen und Debütanten anwesend sein müssen. Es gibt nur einen Durchlauf, der 45 Minuten dauert und bei dem auch zahlendes Publikum anwesend ist. Davor wurde der Ablauf nie ganz geprobt, weil es keinen Saal gibt, der groß genug wäre.
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag erfolgt die Prüfung von Elektrotechnik, Kaffeemaschinen und Kühlschränken. Alles was für den Opernball angeliefert und aufgestellt wird, muss geprüft werden und das ist sehr viel. In der Ballnacht darf von den Gastronomiebetrieben nämlich aus Sicherheits- und Logistikgründen nichts von außen nachgeliefert werden. Es muss alles bereits im Haus sein und im Vorfeld gut kalkuliert werden. Deshalb gibt es in dieser Nacht viele zusätzliche Kühlgeräte in der Oper. In der Nacht wird wieder der Strom abgeschaltet, diese spezielle Stromabschaltung in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag dient vor allem der Überprüfung der Batterieanlage und der Sicherheitsbeleuchtung.
Wo werden die Aufbauten für die Logen gelagert und wie funktioniert die Logistik?
Pruckner: Die bis zu 14 Meter hohen, dreistöckigen Logentürme aus Stahl lagern in Carnuntum. Sie sind je nach Typ (Loge, Stiegen, Mittelteil mit Stiege und Orchester) zwischen 3 und 5 Tonnen schwer. Die Anlieferung erfolgt schon zwischen Samstag und Montag durch Sattelschlepper, das wäre im ersten Bezirk nicht erlaubt, deshalb benötigen wir dafür eine Sondergenehmigung. Die Teile werden hinter der Oper mit Hilfe eines Kranwagens auf einen Bühnenhilfswagen umgeladen, mit dem Lift in den Keller geliefert und aufgestellt. Die richtige Reihenfolge der Elemente ist dabei sehr wichtig, weil wir diese beim Aufbau beachten müssen.
3 bis 5 Tonnen schwere Elemente bewegt man ja wahrscheinlich nicht mit einem klassischen Hubwagen. Wie findet der Aufbau der Logen auf der Bühne im Detail statt?
Pruckner: Wie bereits erwähnt werden die Logentürme am Dienstagvormittag in der richtigen Reihenfolge aus dem Keller geholt. Begonnen wird mit dem Mittelteil, dessen Position genau vermessen wird. Einen Fehler würden wir erst beim letzten Teil erkennen und dann wäre es zu spät.
Bewegt werden die Logentürme mit Druckluftkissen (Spezialanfertigung von Waagner-Biro) weil die Punktbelastung mit Hubwagen für den Bühnenboden zu hoch wäre. In Summe hat die Konstruktion der gesamten Logen auf der Bühne nämlich ein Gewicht von rund 100 Tonnen. Der Boden muss vorher verklebt werden um luftdicht zu sein. Hinter der Oper steht ein eigener Kompressor für den Ballumbau, der die Druckluft liefert.
Sobald zumindest zwei Logen stehen wird die Brüstung montiert, Elektroinstallationen werden vorgenommen, Vorhänge, Türen, Luster etc. werden montiert. Am Ende sehen die mobilen Logen aus wie die echten – das ist Theater!
Was steckt hinter der Technik der Bühne? Genauer gesagt, was steckt da alles unter der Bühne?
Pruckner: Im Bühnenboden sind 6 Hubpodien, die 14 Meter in die Tiefe bis in den Keller führen. Sie haben jeweils ein Eigengewicht von 20 Tonnen, eine Nutzlast von 20 Tonnen und sind je Podium 18×3 Meter groß. Wenn alle gleichzeitig bewegt werden, ist das Loch 18×18 Meter groß und geht 14 Meter tief in den Boden.
Das heißt die Besucherinnen und Besucher tanzen eigentlich auf einem Parkettboden, der von Hubpodien 14 Meter hoch in der Luft gehalten wird, und unter den tausenden Ballgästen geht es genau genommen 14 Meter in die Tiefe?
Pruckner: Ja so ist das auf der Bühne, im Zuschauerraum nicht. Aber die Podien sind mit mehrfacher Sicherheit völlig überdimensioniert und beim Opernball wird nochmal alles extra doppelt unterstellt um die Stabilität noch weiter zu erhöhen. Das machen wir speziell für die Mitternachtsquadrille, wegen der Schwingungen, wenn alle Ballbesucher gleich im Takt tanzen und springen. Aber keine Sorge alles ist super sicher.
Bei so viel angeliefertem Equipment und so vielen beteiligten Firmen, wird auch rund um das Opernhaus sehr viel los sein. Hat das auch Auswirkungen auf die Anrainer oder den Straßenverkehr?
Pruckner: Nur in geringem Ausmaß, allerdings ist es notwendig eine von drei Spuren der Philharmoniker Straße hinter der Oper für den Kranwagen zu sperren und die Busstation vor dem Hotel Sacher wird in die Walfischgasse verlegt. Die Operngasse wird für die Übertragungswagen des ORF gesperrt. Am Herbert-von-Karajan-Platz wird ein Parkplatz für Partner und Lieferanten mit Akkreditierung eingerichtet.
Das alles in dieser kurzen Zeit zu stemmen klingt unglaublich. Wie viele Mitarbeiter und Firmen sind an diesem Umbau eigentlich beteiligt?
Pruckner: Rund 350 Facharbeiter und 150 Hilfskräfte von insgesamt 50 Firmen sind am Umbau beteiligt. Ein Großteil davon von der Oper selbst. Mit den Partnern sind wir seit Jahren ein eingespieltes Team, jeder weiß was zu tun ist und in welcher Reihenfolge. Dadurch ist es meistens nicht so stressig wie man glauben würde, außer es passiert etwas Ungeplantes.
Kaum eine Veranstaltungsproduktion läuft ganz reibungslos ab. Ist beim Umbau zum Opernball auch schon einmal etwas passiert?
Pruckner: Vor vielen Jahren haben wir mal eine Loge verloren, sie ist bei Schlechtwetter vom Sattelschlepper gerutscht und in einem Acker gelandet. Die Loge musste repariert werden und im Anschluss hat sie ein Statiker überprüft. Dadurch ist der ganze weitere Aufbau stillgestanden, weil bei der Einlagerung der Logen in den Keller auf die Reihenfolge geachtet werden muss. Da haben wir ganz schön geschwitzt, es aber wie jedes Jahr rechtzeitig geschafft.